Beim Kyudo wird ein über 2m langer, asymmetrischer Langbogen verwendet mit dem auf ein Ziel in 28m Entfernung geschossen wird. Der Übungsraum ist ein halboffenes dojo und beinhaltet eine überdachte Trefferzone, mehrere makiwara zum üben mit Pfeil und Bogen auf Kurzdistanz und ausreichend Platz zum gemeinsamen trainieren von Anfängern und Fortgeschrittenen in einer angenehmen Außenanlage. Intereressenten können jederzeit zu den Trainingszeiten vorbeikommen, beim Training zuschauen oder direkt eine erste Erfahrung im kyudo machen. In Japan existiert eine Vielzahl an unterschiedlichsten Künsten die geprägt sind von schlichter Eleganz, Ästhetik und Kunstfertigkeit. Dazu gehört unter anderem die Teezeremonie, das Blumenstecken oder auch das japanische Bogenschiessen. Die Gemeinsamkeit im Ausdruck dieser Künste entsteht durch eine gleiche Lehr- und Lernmethode die geprägt ist von regelmäßiger Wiederholung und Verfeinerung der Bewegungsabläufe. Dies bietet eine ideale Möglichkeit sich selbst in Genauigkeit, Ruhe und Gelassenheit zu üben.
"Meine Füsse stehen nebeneinander. In der linken Hand halte ich meinen Bogen und in der rechten Hand einen Pfeil – dann führe ich meine Hände an die Hüfte. Ich verneige mich vor der Zielscheibe, die 36cm Durchmesser hat und 28m von mit entfernt, ca. eine Faustbreite über den Boden in den Sand gesteckt ist. Den Blick auf das Ziel gerichtet, gleite ich mit dem linken Fuss beginnend, drei Schritte über den Dôjôboden. Beim letzten Schritt drehe ich meinen linken Fuss leicht zu meiner Körpermitte ein und schiebe meinen rechten Fuss in die entgegen gesetzte Richtung. Dabei stehen meine Zehenspitzen in einer Linie zur Zielscheibe.
Die Bogenspitze berührt sanft den Boden und ich lasse die Sehne sich nach unten drehen. Jetzt erst löse ich meine Hände von meiner Hüfte und führe den Pfeil zu meinem Bogen und setze beide zusammen auf meinem linken Knie ab. Die rechte Hand geht wieder zur Hüfte. Ich warte. Mein Blick geht zum Nockpunkt, an der Sehne entlang ein Stück nach oben und ein Stück nach unten. Wieder zurück zum Nockpunkt. Von da aus wende ich meinen Kopf und schaue entlang des Pfeils zum Ziel. Dann wieder zurück. Meine rechte Hand geht zum Bogen und der Blick wieder zum Ziel, bevor ich in einer gleichmässigen Bewegung Pfeil und Bogen über meinen Kopf hebe. Ich spanne den Bogen. Mein Kopf ist leer und mit meiner Ausatmung lasse ich den Pfeil los. Mein rechter Arm streckt sich nach hinten während ich in Gedanken meinen Pfeil ins Ziel begleite.Einen kurzen Augenblick lang verharre ich in dieser Position. Dann erst nehme ich meine Hände zurück an die Hüften und wende meinen Blick ab von meinem Ziel. Ich ziehe meinen rechten Fuss unterhalb meiner Körpermitte an, drehe ihn ein und ziehe den linken Fuss nach, so dass ich wieder frontal zur Zielscheibe stehe, beide Füsse nebeneinander.
Mit dem rechten Fuss beginnend, mache ich drei Schritte zurück an meine Anfangsposition. Anschliessend verneige ich mich, um die Kata zu beenden."
Raphael Vergeres
Dojo Pratteln
Schweiz
Mit Pfeil und Bogen auf das Ziel (mato) in 28m Entfernung zu schießen ist nur eine Möglichkeit Kyudo zu üben. Auch mit anderen Hilfsmitteln lässt sich die kata (der Bewegungsablauf shaho hassetsu) erlernen und bietet gerade am Anfang eine gute Möglichkeit sich mit dem Bogen vertraut zu machen und eine stabile Schießtechnik zu erlernen.Zu diesen Trainingsmethoden, die auch für Fortgeschrittene eine gute Übung sind um ihre Technik zu verfeinern, gehört das Schießen auf kurze Distanz (Makiwara Schießen), das Üben des Bewegungsablauf mit dem gomuyumi (eine Art Zwille) und das Üben der kata ohne Hilfsmittel.
Der japanische Bogen ist asymmetrisch gebaut und hat keine Parallelen in seiner Gesamtkonstruktion. Der Bogengriff (nigiri) ist mit Leder umwickelt und befindet sich nicht mittig, sondern im unteren Drittel des Bogen. Er ist meistens mit einer oberen (kazarido) und einer unteren Wicklung (nigirishitado) z.B. aus Rotang oder Bambus verziert. In der japanischen Ästhetik ist es ein wesentliches Merkmal, keine Symmetrie in der Kunst herzustellen. Dieses Prinzip findet sich auch in anderen Künsten wie z.B. dem Blumenstecken (ikebana) oder der Keramikherstellung wieder. Auch hier sind es ungleiche, sich ergänzende Formen, die besonders geschätzt werden.
Die Bogensehne (tsuruwa) wird an der oberen Spitze des Bogen (urahazu) und an der unteren (motohazu) geknotet. Der Pfeilnokpunkt an der Sehne wird durch eine zusätzliche Wicklung (nakajikake) verstärkt. Es gibt unterschiedliche Größen bei Kyudobogen, die in der Länge variieren und zwischen 2,12m und 2,45m lang sind. Je nach Körpergröße und Pfeillänge des Schützen wird der passende Bogen ausgewählt.
Makiwara
Den Pfeil nennt man ya oder shi (矢) Traditionell ist er aus Bambus angefertigt, im modernen kyūdō werden aber auch häufig Pfeile aus Aluminium verwendet.
Der Schießhandschuh yugake (弓懸け) ist der Handschutz an der Abzugshand. Er wird aus gegerbter Tier haut hergestellt,vorzugsweise Hirschleder, darunter trägt man noch einen Baumwollhandschuh um das Leder zu schonen.